Sonntag, 7. April 2013

Tuva - Backstage: 1.Wie alles begann

Schon in den 80er Jahren verliebte ich mich in den unglaublichen Zauberklang des Khoomei - Kehlgesangs. Die anderen Kids aus meiner Nachbarschaft holten sich ihre Kicks beim S-Bahn-Surfen, Pogo-Tanzen oder irgendwelchen Hustensaft-Experimenten. Doch für mich gab es keinen größeren Kick, als die heißen und kalten Schauer, die mir jedes Mal den Rücken herunter liefen, wenn ich mir heimlich den Schlüssel für den Plattenschrank im Arbeitszimmer meines Vaters stibitzte. Hätte er mich je dabei erwischt, wäre es schnell vorbei gewesen mit meiner bizarren, musikalischen Passion. Mit seinen erlesenen Platten kannte mein alter Herr nämlich gar keinen Spaß. So konnte ich es natürlich kaum erwarten, dass er das Haus verlies, um mich ungestört meiner Leidenschaft hinzugeben. Schon beim ersten Durchforsten seiner exotischen Sammlung, stieß ich auf ein paar echt schräge Scheiben. Die meisten stammten wohl aus dem musik-ethnologischen Archiv eines Großcousins. Die mit der kyrillischer Aufschrift fand ich besonders geheimnisvoll – zumal ich nichts davon lesen konnte – jedenfalls damals. Kaum hatte ich eine davon aufgelegt, erschütterte mich dieser überirdische Klang – wie in Trance trug er mich davon – tausende von Meilen ostwärts in die tiefe, dunkle Taiga und gleichzeitig bis in die nächste Galaxie. Was ich dort hörte war einfach unfassbar – etwas, das eher wie ein Instrument, ein Didgeridoo klang, und gar nicht wie eine menschliche Stimme. Und doch war es nur ein einzelner Sänger, der bis zu drei Töne gleichzeitig sang. Dieser Gesang mit seiner magischen Urkraft traf mich mitten ins Herz . Das, was dann geschah, war für mich noch unfassbarer: Mein Herz begann zu rasen, zu galoppieren – gleich einer Herde Wildpferde, ich bekam Schweissausbrüche und dann....… ..dann formten sich meine Lippen und meine Zuge bewegte sich, ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können. Wie betäubt hatte ich das Gefühl neben mir zu stehen und mir selbst dabei zuzuhören wie auf einmal dieser wundersame dreifache Klang meinen Körper, meine Kehle, meinen Mund verlies und das ganze Zimmer erfüllte. Ein Beben durchzuckte mich – ein Kick, ein Gefühl, eine Kraft – so stark wie ich sie nie zuvor erlebt hab´...............war ich es wirklich meine eigene Stimme, die mit der des Sibiriers verschmolz? Boah, eji............. Was war denn das für eine Medizin? Ab sofort konnte ich es wirklich kaum noch ertragen auf die Abwesenheit meines Vaters warten zu müssen um dann diese wilden Scheiben aufzulegen & mitzusingen. Doch man kam mir zuvor.... Nachbarn wunderten sich über diese „tierischen Geräusche“ die aus unserer Wohnung drangen. Mein Vater wurde stinksauer und sein Arbeitszimmer bekam ein neues Schloss. Augenblicklich fühlte ich mich wie auf Turkey. Wie sollte ich jetzt an meine Lieblingsdroge kommen? Aber irgendwie bemwekte ich in dieser Zeit, dass meine Kreativität und meine Intuition stetig zunahmen - hatte das vielleicht mit meinen gesanglichen Experimenten zu tun? Wissenschaftler behaupten, dass Singen, auch wenn es so etwas Exotisches war, die Hirndurchblutung fördern würde. Erst viele Jahre später wurde die medizinische Wirkung von Obertönen nachgewiesen. Wenn das so ist, dann verwundert es mich nicht, dass ich schlau genug war mir die kyrillischen Buchstaben ТУВИНСКОЕ ГОРЛОВОЕ ПЕНИЕ – ХООМЕЙ vom Plattencover abzumalen. Nach der Bedeutung dieser „Geheimschrift“ fragte, löcherte und nervte im musikethnologischen Institut, so ziemlich jeden von den ich dachte, er könnte mir weiterhelfen. Aber erst ein paar Jahre später erhielt ich endlich Antworten und meine musikalische Reise zu den Ursprüngen des Khoomei begann. Eine Reise ,die bis heute andauert; mich in die entlegensten Winkel Asiens verschlug, mich meine musikalische Familie in Sibirien finden und viele Abenteuer bestehen lies.......................... ….... doch davon erzähl´ich Euch in der nächsten Folge von: Arjopa´s Tuva Backstage

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